Freitag, 7. Juli 2017

Tobago, Charlotteville, Pirates Bay, und Store Bay

Am 3. Juli zeigt der Wetterbericht eine kleine Drehung des Windes von Ost auf Nordost an. Dies ist für uns das Zeichen, über Nacht nach Tobago zu segeln. Die Segelführer empfehlen ja, von Bequia aus bereits direkten Kurs auf Tobago zu nehmen, was einen besseren Winkel bei der überwiegenden Ost-Lage bedeuten würde. Doch mit einem kleinen Norddreher geht es auch so, wie können die Hälfte der Strecke gut segeln, müssen die zweite Hälfte dann aber ohne Fock, nur mit dem Groß,  "Motor-Segeln". Bei der Ankunft kommt ein netter Skipper (Glynn) per Dinghi auf uns zu und rät uns, nicht den Anker vor 08:00 Uhr fallen zu lassen, denn dies würde die berüchtigten "Overtime"-Gebühren erzwingen. Daher drehen wir noch eine Runde, lassen den Wassermacher laufen und sind um 08:30 a.m. vor Anker in der Pirates Bay von Charlotteville. Beim Einklarieren bezahlen wir nur 50 Trinidad-und-Tobago Dollars (TTD), der Kurs beträgt ca. 7 TTD zu einem Euro. Mit ca. 20 Stunden sind wir auf unsere Überfahrt recht stolz, da sie praktisch so einen kleinen Geschmack auf die "hoch-am-Wind"-Fahrt gegen Strom und Welle nach Guyana darstellt. Betrug unser Kurs nach Tobago 117 Grad, so sind es nach Guayana zunächst 135 Grad, was auch bei einem reinen Ostwind machbar sein sollte, doch wir werden unseren Absprung so legen können, dass es wieder eine Nordkomponente im Passatwind gibt, und dann rauscht die MAGIC CLOUD gegen Strom und Welle gen Süden; soweit der Plan ... Alle 5 anderen Yachten in der Bay hier hatten übrigens die Overtime-Gebühr von ca. 250 TTD bezahlen müssen.


Der Strand ist wirklich wie für die Segler geschaffen. In den Hoch-Zeiten finden hier regelmäßig Strandpartys statt. Nun liegen nur wenige Yachten hier und wir haben den Strand fast für uns allein

Für die Regenzeit ist dieses Wetter doch ganz passabel. Es gibt immer wieder Schauer, aber ein ganz verregneter Tag ist schon eine ganz große Ausnahme. Tobago zeigt sich also erst einmal von seiner besten Seite

Hinter uns liegt ein Riff, auf dem die Pelikane und Möwen nach Beute Ausschau halten. Am Abend können wir dann erleben, wie sich diese doch recht großen und behäbig wirkenden Vögel aus 20 Metern Höhe ins Meer stürzen und Fische fangen, jedesmal umringt von  kleineren Möwen, die versuchen, ihnen die Beute abzujagen


So ein Spruch geht um die Welt und wir hätten ihn nicht unbedingt hier an einem der Fischerboote erwartet

Vom Strand aus gesehen ist dies die "Hauptkreuzung" des Ortes Charlotteville. Hier fahren die Busse (selten) nach Scarborough ab. Charlotteville liegt am Nordostende der Insel. Am anderen Ende liegt die Hauptstadt Scarborough. Charlotteville hat eine Bücherei, in der jeder für 25 TTD eine Jahresmitgliedschaft erwerben kann. Diese beinhaltet freies WIFI, womit diese Mitgliedschaft gerade bei den Seglern recht beliebt ist. Im Restaurant Sharon&Pheb's gibt es auch WIFI, wir werden aber mit einem Blick der Bedienung aus dunklen, seeehr ernst blickenden Augen eindringlichst davor gewarnt, das Passwort weiter zu geben. Ist hier irgendwie so ein bisschen wie am Ende der Zivilisation

Hätten wir auch nicht anders erwartet, dass es hier einfach nix mitzuteilen gibt

Und ewig grüsst der Regenwald

Wir erlaufen das Fort Campbelton, das einen schönen Rundumblick von der gepflegten Anlage auf die umliegenden Buchten bietet. Die Steine des Fort haben allerdings längst eine neue Verwendung gefunden, nur mit den Kanonen konnte man wohl nix anfangen. Diese Steinklauerei kennen wir ja schon von Sizilien, wo ein ganzer Hafen (Porto Empedocle) aus den Tempeltrümmern von Agrigento erbaut wurde

Perfekter Platz für einen Sundowner

Neben den Fischerbooten mit den zwei langen Ruten an jeder Seite, an denen die Köder beim Schleppangeln gefahren werden, ist hier der Anleger in der Bucht vor dem Ort zu erkennen. Nachmittags spielen die lieben Kleinen am Steg just an der Stelle, wo die Yachties ihre Dinghis festketten. Kleine, sandige Fußabdrücke auf unserem Dinghi, ein verdrehter Motor und Wasser im Zodiac-Schlauchboot zeugen davon, dass unser Dinghi wohl so eine Art Absprungrampe gewesen sein muss

Anzahl der Fischerboote und Größe des Ortes ergeben rechnerisch eine Berufswahrscheinlichkeit von ca. 90%  Fischern in diesem Ort. Wir werden von einem Einheimischen, der mit einem strahlenden Lächeln uns ein "Herzlich Willkommen" auf Deutsch an den Kopf wirft, aufgeklärt. Das Netzfischen um die Insel Tobago ist verboten, daher gibt es genug Fisch. Fischen ist nur per Haken erlaubt. 5 Jahre bei Opel in Heidelberg schaffen, etwas Deutsch lernen, nun baut er sein "Appartment" aus und geht in der übrigen Zeit feiern oder eben fischen, arbeiten um zu leben und nicht leben um zu arbeiten eben ... Unsere Angelversuche sind leider negativ verlaufen, was aber bei den günstigen Fischpreisen auch unerheblich ist

In so satten Farben finden wir nur hier unsere bekannten und im Verhältnis kümmerlichen Topfpflanzen

Mit einem Ankerstopp vor Plymouth und seinem Turtle-Beach (Great Courland Bay) verlegen wir nach Store Bay am anderen Südwestende der Insel. Die Buchten der Nordseite sind zahlreich und teilweise sehr einsam. Auf der Südseite kann praktisch nicht geankert werden, da zu viele Wellen in die Buchten laufen. Den Wechsel von Charlotteville nach Store Bay muss Customs und Immigration mitgeteilt werden. Auch wenn die Station angeblich von 08:00 bis 16:00 Uhr besetzt ist, ist sie in der Wirklichkeit eher nach 10:00 bis "bin mal eben kurz weg" besetzt. Customs klariert 4 Stunden vorher und Immigration 24 Stunden vorher aus, womit es langsam kompliziert wird. Doch mit etwas Charme wird in unserem Fall ein Datum in dem wichtigen Buch einfach vorgezogen und alle können entspannt Siesta machen. Trotz eines nächtlichen Dinghi-Ruder-Einsatzes am Turtle Beach können wir keine "Leather-Back-Turtle" beim Eierlegen am Strand beobachten. Doch die Saison geht ja noch bis Ende August, dann kommen vielleicht auch schon die kleinen Turtles 'raus

Zwischen Store Bay und dem berühmten Bucco-Riff treffen wir auf die Postkartenmotive der Karibik. Diese Landspitze ist ein "Heritage-Park" und kostet Eintritt (20 TTD). Nach 17:00 Uhr ist die Zahlzeit beendet und für einen Sonnenuntergang ist der kleine Spaziergang perfekt. Ist man wie wir an einem Samstag unterwegs, ist die Wahrscheinlichkeit, auf eine Hochzeitsgesellschaft zu treffen, ziemlich hoch. Wir können ein wunderschönes Brautpaar, die recht große Gästeschar und eine Steelband bewundern. Leider sind wir "underdressed" und können uns nicht einreihen für den Sundowner. Jo denkt, in der Abwesenheit von Angelika wird er es mal im weißen Hemd und Sakko versuchen ...

Sieht doch ganz entspannt aus. Doch am Ankerplatz nerven besonders am Wochenende die Waterscooter. Alle hier ankernden Yachten haben nun, völlig untypisch für die Karibik, den Ankerball gesetzt, da es einer der Scooter schaffte, in die Ankerkette einer Yacht zu rasen. Es floss Blut. Es gab Geschrei. Den Fahrern wird hier lediglich erklärt wie man Gas gibt - immer diese Wermutstropfen an den schönen Ecken. Ach, und am Wochende ist die Beschallung recht erheblich, eine andere Ankerbucht ist dann vermutlich besser, die Bucco Bay soll traumhaft sein und liegt 2 Meilen um die Ecke, das wird es wohl werden (dort schallt es aber am Sonntag Abend bis in den frühen Morgen)

So sieht der Untergang am Bucco-Riff aus. Mit diesem Foto sagen wir Tschüss, es geht auf Heimaturlaub